Franz-von-Sales-Mädchenrealschule wird 100

Am 15. September 2020 feiern 88 Schülerinnen ihre Einschulung an der Franz-von-Sales-Realschule in Obermarchtal.
In denselben Gemäuern erlebten auf den Tag genau vor 100 Jahren, am 15. September 1920, Nanna Cremer aus Munderkingen, Else Bader aus Kappel-Buchau, Liesel Ulrich aus Riedlingen und Else Gerlach ihren ersten Schultag am damaligen Mädchenpensionat.  Alles begann damals klein aber fein. Schon wenig später hatte sich die Schülerzahl beinahe verdoppelt. Drei weitere Mädchen aus der Umgebung waren dazugekommen. Als 1921 das zweite Schuljahr begann, zählte man bereits 19 Schülerinnen. Inzwischen besuchen über 500 Mädchen die aus diesem Pensionat hervorgegangene Franz-von-Sales-Mädchenrealschule.
Unterrichtet wurden die Mädchen damals von Schwestern des Ordens der Heimsuchung Mariä nach dem Lehrplan der Höheren Töchterschulen. Damit setzten die Ordensfrauen ihre schon in Böhmen erfolgreich praktizierte Bildungsarbeit fort.
Die Schwestern waren nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Gründung der tschechoslowakischen Republik von Chotieschau bei Pilsen nach Obermarchtal gekommen, wo ihnen der Fürst von Thurn und Taxis einen Teil seines Schlosses als neue Heimat überlassen hatte. In ihrer böhmischen Heimat hatten sich die Nonnen nicht mehr sicher gefühlt.
1924 wurde die Höhere Töchterschule um eine Handelsschule, 1925 um eine Haushaltungsschule erweitert. Voraussetzung für die Aufnahme war damals die Erfüllung der öffentlichen Schulpflicht. Der Schule war ein Internat angeschlossen. Die Schwestern verfolgten damit ein pädagogisches Ideal, nämlich eine Lebensgemeinschaft in Unterricht, Freizeit und Spiel.
Die Stürme des Dritten Reiches brachen auch über die Vorgängerinnen der Franz-von-Sales-Mädchenrealschule herein.  1941 wurden die Salesianerinnen gezwungen, zuerst ihre Haushaltungsschule, dann die Handelsschule und schließlich die Höhere Töchterschule zu schließen.  Anstatt zu unterrichten mussten die Schwestern nun Schneemäntel für die Wehrmacht nähen. Die Schulräume wurden zum Lazarett umfunktioniert.
Bereits im Oktober 1945, also nur wenige Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs,  widmeten sich die Heimsuchungsschwestern wieder ihrem Bildungsauftrag. Das Internat wurde wiedereröffnet, die Handelsschule bis zu ihrer Schließung 1977 wieder in Betrieb genommen. Des Weiteren gründeten die Schwestern eine Mädchen-Mittelschule, die unmittelbare Vorgängerin der heutigen Realschule. Zum Schuljahr 1954/55 wurde die Mittelschule erstmals auch für externe Schülerinnen geöffnet. Die Zahl der Externen nahm immer mehr zu, so dass es immer dringlicher wurde, die Schule auszudehnen.
1973 erwarb die Diözese Rottenburg –Stuttgart die Klosteranlage vom Fürstlichen Haus Thurn und Taxis. Ein Glücksfall für die Schule. Sie wurde nun modernisiert und auf den Nord-, West-  und schließlich den Südflügel des zweiten Stockes ausgedehnt.
Seit 1979 heißt diese Schule Franz-von-Sales-Realschule. Das Oberschulamt Tübingen verlieh ihr den Namen des Ordensstifters der Schwestern. Aus finanziellen Gründen mussten die Salesianerinnen das Internat 1988 schließen. 1992 übergaben sie die Schule schließlich in die Trägerschaft der „Stiftung Katholische Freie Schule der Diözese Rottenburg-Stuttgart“. Einige Jahre unterrichteten einige Heimsuchungsschwestern noch an der Schule, bevor sie sich 1997 nach Untermarchtal ins Altenheim begeben.
Seitdem wuchs die Schule zu einer dreizügigen Mädchenrealschule heran, in der nach dem Marchtaler Plan gelehrt und gelernt wird.
100 Jahre Mädchenschule. Kaum eine der Schülerinnen, die heute ihren ersten Schultag in Obermarchtal feiern, ahnt, welch bewegte Geschichte ihre neue Schule hat. Aber alle spüren sie noch immer den Geist, den die Schwestern der Heimsuchung Mariä bis heute in den Klassenzimmern und Gängen ihrer Schule verbreiten.
Die für diese Woche geplante Schuljubiläumsfeier musste wegen der Corona-Pandemie auf das nächste Schuljahr verschoben werden.

 

 

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